Wie fördert man langfristige Beziehungen zwischen Unternehmen und Startups?

By Elia Pradel - 12 February 2018

Großunternehmen versuchen zunehmend innovativ zu sein und suchen neue Technologien, um diese in ihre Prozesse zu integrieren, damit diese schneller, besser und genauer werden. Dies ist der Grund, warum sie sich zunehmend an Start-ups wenden, um diese Ziele zu erreichen. Unternehmen arbeiten üblicherweise gerne mit bereits etablierten KMUs, aber viel weniger mit innovativen Jungunternehmen. Eine der jüngsten Erkenntisse für Unternehmen, die mit Jungunternehmen in einem frühen Stadium arbeiten, war, dass ein Start in großem Maßstab nicht automatisch den schnellsten Erfolg bringt. Daher ist eine bevorzugte Methode für ein Unternehmen, um eine identifizierte innovative Lösung zu testen, der Launch einer Machbarkeitsstudie (Proof of Concept).

Eine Machbarkeitsstudie erlaubt es Unternehmen, klein und schnell anzufangen. Es gibt wenig Verpflichtungen bei einer Machbarkeitsstudie und die Zusammenarbeit gewährt Einblicke in das Potential des Service, ein Problem des Unternehmens zu lösen, und wie die beiden Akteure in größerem Rahmen zusammenarbeiten können. Für Start-ups sind Machbarkeitsstudien ebenfalls nützlich. Vier von zehr Start-ups scheitern in den ersten fünf Jahren – nicht nur wegen ihrer Unfähigkeit, Geldmittel aufzutreiben, sondern weil sie keine Umsätze durch die Akquisition von Kunden generieren können. Machbarkeitsstudien bieten eine Gelegenheit, schneller mit einem Unternehmen, das praktisch keinen Einschränkungen unterliegt, ins Geschäft zu kommen und den Wert des Service des Start-ups zu beweisen. Ein Jungunternehmer wird es wahrscheinlich auch leichter finden, ein Geschäft über 10.000 Euro zu verhandeln als gleich am Anfang eines über 100.000 Euro.

Angesichts der Vorteile für beide Partner ist es keine Überraschung, dass mehr und mehr Start-ups und Unternehmen aus allen möglichen Branchen ihre Zusammenarbeit mit einer Machbarkeitsstudie beginnen. Aber die Vielzahl an Machbarkeitsstudien birgt auch eine wesentliche Herausforderung: Viele Start-ups und Unternehmen schaffen es nicht, eine langfristige Zusammenarbeit über die Machbarkeitsstudie hinaus zustande zu bringen. Aber ein Erfolg besteht für beide Parteien nur dann, wen sie von einer Machbarkeitsstudie zu einer tatsächlichen Implementierung kommen.

Also wie können Start-ups und Unternehmen über eine Machbarkeitsstudie hinaus zusammenarbeiten und eine langfristige Beziehung etablieren? Schauen wir uns einige Herausforderungen an, mit denen sie konfrontiert sind, und werfen wir einen Blick auf die Methodologie, die langfristige Beziehungen unterstützt.

Herausforderung Nr. 1: Trägheit – die Unfähigkeit von Unternehmen, sich zu ändern

Viele Blue-Chip-Unternehmen sind gefangen in historischen Prozessen, die schwer zu verändern sind. Obwohl sie in ihrer Branche Zentren der Macht sind, verhindert ihre Herkunft (Produkt, Management, Recht, IT), dass sie sich anpassen und über das „übliche Geschäft“ hinausdenken. Um auf den Innovations-Zug aufzuspringen, klappern manche Unternehmen alle möglichen Start-ups ab – und nutzen Machbarkeitsstudien, um ihre Arbeit mit Start-ups zu dokumentieren. Für die Start-ups ist das schädlich, weil sie nur mit Machbarkeitsstudien nicht überleben können. Aber es ist auch schlecht für die Unternehmen. Sie geben sich der Illusion hin, dass sie innovativ sind – aber das sind sie nicht. Wenn die Unternehmensführung nicht die langfristige Vision und Voraussicht hat, dann erwartet sie das Schicksal von Kodak – einst ein innovatives und beliebtes Unternehmen, das 2012 in Konkurs ging.

Der Wechsel einer Kultur und eines traditionellen Geschäftsansatzes können die größten Herausforderungen sein, mit denen man konfrontiert sein kann. Jede Unternehmensführung muss bereit sein zu akzeptieren, dass man für den Fortschritt zumindest starke Führungsqualitäten braucht, echte Bereitschaft für den Einsatz von Innovation, die Akzeptanz technischer und menschlicher Herausforderungen, erhebliche Investitionen und ein Umkrempeln der IT.

Herausforderung Nr. 2: IT-Integration verursacht Kopfschmerzen

Den Service eines Start-ups im kleinen Maßstab zu testen, ist ein eher einfacher Vorgang. Die meisten Machbarkeitsstudien können ohne großartige Anpassung, mit minimalem Programmieraufwand implementiert werden. Aber es ist etwas ganz anderes, wenn man versucht, diese Services in einer großen, alten und empfindlichen Infrastruktur zu implementieren. Unternehmen, aber manchmal auch Start-ups, können IT-Prozesse als entmutigend empfinden und schrecken vor der Größe der Aufgabe zurück. Es gibt nicht die eine Lösung, da die gewachsenen Architekturen von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich sind – ebenso wie die Lösung des Start-ups, die eingesetzt werden soll. Aber Unternehmen, Start-ups und Dritte sollten daran arbeiten, ein Regelwerk – ein Protokoll für die Integration – zu erstellen, das zum einen das Unternehmen für die Änderungen in der IT vorbereitet und zum anderen den Start-ups vermittelt, wie die Integration mit beschränkten Ressourcen zu handhaben ist.

Herausforderung Nr. 3: Leistungsnachweis – Definieren der richtigen KPIs

Die Erfolgskriterien sollten ganz am Anfang festgelegt werde, wenn die Machbarkeitsstudie gestartet wird. Auf der Seite des Unternehmens sollten die Innovations-Verantwortlichen klare Ziele definieren – zum Beispiel Verbesserung der Effizienz, Kostensenkung, mehr Verkäufe oder Entwicklung neuer Produkte – und dann die Leistungsnachweise der Machbarkeitsstudie ansehen. Auf der Seite der Start-ups sollten die Jungunternehmer kein Problem haben, diese KPIs zu diskutieren, und offen sagen, ob es die richtigen sind und ob sie effizient gemessen werden können. Sobald die Machbarkeitsstudie abgeschlossen ist, müssen beide Parteien sich zusammensetzen, um das Ergebnis und die wesentlichen Erkenntnisse zu beurteilen. Wenn fundamentale KPIs erfolgreich erreicht wurden, sollte ein Gespräch über die nächsten Schritte zur Implementierung bei einer größeren Anzahl von Usern und die Umsetzbarkeit stattfinden.

Das Deployment ist immer eine schwierige Phase, wenn man nur auf die Finanzdaten schaut: Die Integration einer Software zum Beispiel kann für ein Unternehmen große Investitionen verursachen – Änderungen im IT-System oder die Ausbildung des Personals können kurzfristig als eine Belastung erscheinen. Aber Untätigkeit kann noch kostspieliger sein. Langfristig gesehen kann eine solche Technologie die Prozesse und die Effizienz verbessern, was ein Vielfaches an Kosten einspart.

Herausforderung Nr. 4: Zwanglosigkeit – Machbarkeitsstudien nicht ernstnehmen

Grundsätzlich sind Machbarkeitsstudien leicht zu implementieren, verursachen wenig Kosten und erfordern wenig Feinabstimmung. Allerdings hat dieser Ansatz dazu geführt, dass manche Unternehmen am Ende wenig erwarten. Natürlich sollte man es nicht persönlich nehmen, wenn eine Machbarkeitsstudie nicht in einem Deployment resultiert, aber eine Machbarkeitsstudie nicht ernst zu nehmen, kann schädlich sein. Für Unternehmen kann dies bedeuten, dass sie Budgetmittel verwenden, die für andere Zwecke eingesetzt hätten werden können, aber sie schaffen auch eine Reputation in der Jungunternehmer-Szene, dass sie eher nur für Machbarkeitsstudien gut sind, aber nicht als ernstzunehmende Kunden. Für Start-ups sind die Risiken sogar noch höher: Viele Start-ups projektieren ihr Wachstum basierend auf der Anzahl und dem Wert der Machbarkeitsstudien, die sich zu langfristigen Partnerschaften entwickelt haben. Aus diesem Grund setzen Start-ups ihre sehr begrenzten Ressourcen und ihre Zeit ein, um den Kunden die Werthaltigkeit zu zeigen und manchmal sogar ihr Kernprodukt an die Bedürfnisse des Kunden anzupassen. Wenn ein Start-up kurz vor dem Start einer Machbarkeitsstudie steht, aber es besteht gar keine Absicht eines späteren Deployments, dann ist es manchmal besser, im Interesse des Überlebens des Start-ups die Sache sein zu lassen. Deshalb ist es wichtig, dass eine Machbarkeitsstudie mit einem kurzfristigen Ziel versehen wird, dessen Erreichen dann Gespräche über eine Langzeitpartnerschaft auslöst.

Herausforderung Nr. 5: Blue-Chip-Unternehmen besser verstehen

Wenn man über die Beziehung zwischen Unternehmen und Start-ups spricht, gibt es breiten Konsens, dass Unternehmen den Ansatz der Start-ups besser verstehen und sich daran anpassen müssen. Aber weniger gesprochen wird von der Notwendigkeit, dass Start-ups besser verstehen müssen, wie Unternehmen funktionieren. Es ist unwahrscheinlich, dass Unternehmen ihre Prozesse in naher Zukunft ändern. Deshalb müssen die Jungunternehmer es akzeptieren, dass sie Rentabilität nicht über Nacht erreichen und dass es Wochen dauern kann, bis eine Idee bewertet, vom Vorstand genehmigt, getestet und dann umgesetzt wird. Für Jungunternehmer mit vorhergehender Erfahrung in der Privatwirtschaft sollte das kein Thema sein, aber Jungunternehmer müssen eben ihr Wissen über die Welt der Unternehmen verbessern, wenn sie dort erfolgreich verkaufen wollen.

Sowohl Start-ups als auch Unternehmen müssen die Geschäftsmodelle des jeweils anderen besser verstehen, um eine Langzeitpartnerschaft zu fördern. Wenn das Ziel eines Start-ups die Skalierung ist und das Ziel des Unternehmens eine effiziente Innovation, dann können beide über eine Machbarkeitsstudie hinaus eine langfristige Beziehung etablieren und so ihre jeweiligen Ziele besser erreichen.

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